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Schluckstörungen bei Multipler Sklerose
Schluckstörungen können als Begleitsymptom einer Multiplen Sklerose auftreten, wenn für den Schluckvorgang zuständige Areale im Gehirn zerstört werden.
Schluckstörungen

Schluckstörungen bei Multipler Sklerose

Multiple Sklerose ist mit etwa 2,5 Millionen Patienten die häufigste Erkrankung des Zentralen Nervensystems weltweit. In Deutschland leiden etwa 200.000 Menschen unter dieser chronischen Entzündung, bei der aus bisher ungeklärter Ursache die Isolierschicht der Nervenfasern nachhaltig geschädigt wird.

Der Name setzt sich aus zwei Begriffen zusammen, die die Besonderheit der Erkrankung erfassen: „Multiple” bezeichnet die Vielzahl der Orte im Gehirn und Rückenmark, wo die Schädigungen auftreten können. „Sklerose” ist die fachspezifische Definition von Narbenbildung. Das Krankheitsbild der Multiplen Sklerose ist nicht einheitlich. Die Nervenschädigungen können ein großes Ausmaß an Symptomen mit sich bringen, weshalb Multiple Sklerose auch als „Krankheit mit den 1.000 Gesichtern” bezeichnet wird.

Entstehung von Multipler Sklerose

Bei einem gesunden Menschen funktioniert das Gehirn wie eine Art Schaltzentrale. Jede Sekunde werden tausende von Informationen aufgenommen, verarbeitet und weitergeleitet. Damit diese Prozesse ununterbrochen und unmittelbar ablaufen können, werden verschiedenste Impulse als Signal zwischen den Nervenfasern weitergegeben.

Die Nervenfasern sind von einer Schicht umhüllt, die den Signaltransport dadurch beschleunigt, dass kleine Unterbrechungen eine Art Übersprung der Reize von Schicht zu Schicht ermöglichen. Diese sogenannte Myelinschicht ist enorm wichtig für die reibungslose Weitergabe der Impulse. Bei einer Schädigung des Myelins, einer sogenannten Demyelinisierung, wird der Signaltransport gehemmt, es gehen Informationen verloren und bei einem vollständigen Absterben können Reize nicht mehr weitergeben werden.

Ein Absterben der Myelinschicht wird durch eine Fehlfunktion des Immunsystems verursacht. Zwei Arten weißer Blutkörperchen, die Lymphozyten und die Makrophagen, werden aus bisher ungeklärter Ursache fehlgesteuert, bekämpfen das Myelin und zerstören es schließlich. An diesen Stellen kommt es zu Entzündungen und im Laufe der Erkrankung zu Vernarbungen, der Informationsfluss ist kaum bis gar nicht mehr möglich.

Schluckstörungen als Folge von Multipler Sklerose

Zu einer Fehlsteuerung des Immunsystems und einer daraus folgenden Zerstörung der Myelinschicht kann es in jedem Areal des Gehirns und des Rückenmarks kommen. Je nachdem, wo die Schädigung entsteht, treten unterschiedliche Folgen für den Patienten auf. Schluckstörungen können ein Symptom bei Multipler Sklerose sein. Bis zu 55 Prozent der Patienten mit Multipler Sklerose sind von Schluckstörungen betroffen, häufig in Kombination mit Sprachstörungen.

Der Schluckvorgang erfolgt bei einem gesunden Menschen in vier Phasen, wobei ein Großteil der Prozesse beim Schlucken unterbewusst gesteuert wird. Werden eben diese Myelinschichten der für das Schlucken zuständigen Nervenfasern zerstört, kann die entsprechende Signalübermittlung nicht mehr erfolgen. In der dritten pharyngealen Phase des Schluckvorgangs verschließen sich dann beispielsweise der Kehlkopfdeckel und der Zugang zu den Atemwegen nicht mehr automatisch. Ein heftiges Verschlucken, bei dem auch Nahrungspartikel in die Luftröhre und die Lunge gelangen können, ist die gefährliche Folge. Werden bestimmte Nervenfasern zerstört, die für die Muskulatur im Gesicht und Kiefer verantwortlich sind, setzt der Kaumechanismus und daraus folgend auch der Schluckreflex aus.

Für Patienten mit Multipler Sklerose stehen eine Reihe von therapeutischen Maßnahmen zur Verfügung, die darauf ausgerichtet sind, die verlorenen Fähigkeiten wiederzuerlangen und beispielsweise mit einem bestimmten Atem- und Muskeltraining den Schluckvorgang bewusst steuern zu lernen, um z. B. Schluckstörungen zu bessern.

Weitere Informationen zu Schluckstörungen bei Multipler Sklerose hat die Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg (AMSEL) e. V. zusammengestellt.

Sabrina Mandel